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Das Quartier aus Sicht eines Städtebauers

Stadtplaner denken in Jahrzehnten und sprechen auch anders. Für Wolfgang Andexlinger, den obersten Stadtentwickler von Innsbruck, ist DAS RAIQA etwa ein Projekt von hoher inhaltlicher Wirksamkeit. Und er meint damit vor allem die neue Passage.

Wer in dieser Stadt ein neues Bauwerk oder Gebäudevorhaben plant, kommt um ihn und seine Abteilung nicht herum: Wolfgang Andexlinger, Leiter des Amtes für Stadtplanung, Stadtentwicklung und Integration. Wer ihn das erste Mal sieht und mit ihm spricht, darf die üblichen klischeehaften Vorstellungen über Beamte ganz schnell über Bord werfen. Andexlinger ist jung, smart, auf eine wohltuend unaufgeregte Weise selbstbewusst und trotz seines Fachjargons selbst für Nichtkundige klar und verständlich – was vermutlich seiner früheren Lehrtätigkeit geschuldet sein dürfte.

Vor knapp vier Jahren hat der studierte Architekt, der sich 2016 im Fachgebiet Städtebau und Raumplanung habilitierte und über zehn Jahre als Assistent und dann als Assistenzprofessor an der Uni Innsbruck lehrte, diese überaus verantwortungsvolle Funktion übernommen. Einen Job, bei dem man nicht in Wahlperioden, sondern in Generationen denken und planen muss und für den man gerade deshalb eine hohe Dialog- und Diskursfähigkeit sowie einen langen Atem mitbringen sollte.

Starke Wettbewerbskultur

Denn das, was ein Bauherr oder eine Baufrau wünschen oder vorhaben, sei nicht immer deckungsgleich mit den Erwartungen und Anforderungen einer Stadt, erzählt er uns im Laufe des Gesprächs. Da gehe es dann darum, sich schrittweise anzunähern, miteinander im Dialog zu bleiben und das Bauvorhaben um Inhalte zu ergänzen, die der Stadt Qualität zurückgeben.

Eines sei dabei sonnenklar: Stadtentwicklung und bauwillige Investoren brauchen und bedingen sich gegenseitig. Und in Innsbruck sei in den letzten Jahren wirklich überdurchschnittlich viel investiert worden. „Innsbruck hat daher im Gegensatz zu vielen anderen Städten dieser Dimension eine wirklich gut funktionierende Innenstadt“, so Andexlinger. Das sei nicht zuletzt dem hohen Anspruch an die Baukultur und den vielen Wettbewerben geschuldet: „Von rund 190 ausgeschriebenen Wettbewerben seit dem Jahr 2000 sind nur ganz wenige nicht realisiert worden.“

Studien als Entscheidungsgrundlagen

Da scheine die Politik also durchaus was richtig gemacht zu haben, werfen wir kurz ein, was Andexlinger postwendend bestätigt. Auch wenn es natürlich immer die unterschiedlichsten Vorstellungen und Interessen gebe, hätten die meisten Kommunalpolitiker schon die langfristige Entwicklung ihrer Stadt im Auge, streut er seinen wichtigsten Stakeholdern Rosen. Trotzdem sei es für seine Abteilung und ihn ungemein wichtig, in den zentralen Fragen eine klare Linie zu halten. „Das gelingt natürlich leichter, wenn man fachlich gut argumentieren kann.“ Daher hole man sich bei allen entscheidenden Themen, wie etwa bei der Frage nach dem faktischen Hotelbettenbedarf, immer auch Experteninput von außen. Die Planung des RAIQA-Hotels basiert etwa auf der sogenannten Hotelstudie aus dem Jahr 2016.

Einfallstor in die Stadt

Aufgrund der guten Vorbereitung und der gemeinsam getragenen Zielsetzungen habe das Projekt RAIQA die bisherigen Prozess-Stufen – wie Gutachten, Gestaltungsbeirat, Bauausschuss und Wettbewerb – sehr schnell durchlaufen, findet Andexlinger. Für ihn ist das RAIQA durch seinen hybriden Ansatz „zwar komplex, aber auch ungemein clever, denn es bietet der Stadt eine hohe inhaltliche Wirksamkeit“.

Er meint damit vor allem die ins Projekt integrierte RAIQA-Passage, die die ankommenden Touristen und Pendler dann rund um die Uhr willkommen heißt und auf direktem Wege vom Bahnhof über den Bozner Platz in die Innenstadt führt. Denn der bisherige Durchgang ist nur Einheimischen und Pendlern bekannt – und wer ihn kennt, wird ihn möglichst schnell durchlaufen. Funktionierende Passagen seien aber ungemein wichtig für eine Stadt, sagt Andexlinger und verweist dabei auf die Rathauspassage, die sich vier Stockwerke unter ihm befindet, auf die Sparkassenpassage und das Kaufhaus Tyrol, das tagsüber auch recht gut funktioniere.

Baustelle Bozner Platz

Beim ersten und unmittelbaren Etappenziel der bisherigen (und erst recht der künftigen) Raiffeisenpassage will freilich auch keiner länger verweilen. Der Bozner Platz ist über die Jahre zu einem reinen Durchzugsraum verkommen, der seine Aufenthaltsqualitäten gut zu verbergen versteht. Dabei seien die Gebäude dieses größten historischen Platzes von Innsbruck geradezu ideal gesetzt, erklärt uns Andexlinger. Allerdings hätten die Erdgeschosszonen der Gebäude so gut wie keine Möglichkeit, einen Bezug zum Platz herzustellen, und auch das Mittelfeld des Platzes sei de facto ungenutzt.

Das alles wird sich glücklicherweise in Bälde ändern: Der offene Realisierungswettbewerb für die Neugestaltung dieses Platzes wird im kommenden Herbst starten. Somit geht es also bis auf Weiteres munter weiter mit den Großbaustellen in der Innenstadt. Dieser Hinweis entlockt dem obersten Stadtplaner Innsbrucks freilich nur ein amüsiertes Lächeln: „Wenn nichts gebaut würde, hieße es sofort, in Innsbruck würde sich nichts verändern, es sei fad und verschlafen.“ Auch wieder wahr.